Heute wird es sadistisch auf meinem Blog. De Sade, der umstrittendste „Autor“? Nun, ich war neugierig auf seine Werke und habe mir ein besonderes Erlebnis gegönnt: ein Hörbuch! Erotisch? Pervers? Abartig? Gar eklig?
Die Philosophie im Boudoir
von
Donatien Alphonse Francois de Sade
inszenierte Lesung mit Dagmar Manzel, Lilith Stangenberg, Ulrich Noethen, Jens Harzer
Laufzeit: 3h 21min
Klappentext:
Schamlos, lüstern und pervers? Definitiv. Aber auch viel mehr als das: Sexuelle Ausschweifungen, obszöne Orgien und erschreckende Grausamkeiten sind es, die die Werke des Marquis de Sade prägen. Gleichzeitig beinhalten seine scheinbar so schmutzigen Geschichten und Dialoge auch philosophisch und moralisch höchst anspruchsvolle Passagen, die ebenso fesseln wie die detailgenau beschriebenen Sex-Orgien – eine brisante Mischung, deren Faszination sich der Hörer nicht entziehen kann! Mag das Urteil über diesen radikalen Freidenker auch extrem unterschiedlich ausfallen, Fakt ist: Die Philosophie im Boudoir ist ein Klassiker der erotischen Weltliteratur.
Rezension / Meine Meinung:
Ein Klassiker der erotischen Weltliteratur? Ganz gewiss. Und sicher auch das Umstrittenste! Diese Lesung ist von den Stimmen her und der Art des Vortragens sehr gut gelungen. Es gibt kein wildes Gestöhne, nur feine, sehr passende Stimmen!
Die Handlung…. es geht um Sex und deren ab-, un- und anders-artige Variationen. Der Kontrast zwischen sehr altertümlich anmutender, prosaischer Schreibweise und dazwischen den obszönen Worten für bestimmte Körperregionen und Aktionen könnte größer nicht sein! Immer wieder ging mir durch den Kopf, dass diese Zeilen vor über 200 Jahren geschrieben wurden!
Es geht aber nicht allein um perverse Sexpraktiken, es geht um die Macht der Scheinheiligkeit, um Gott und seinen Einfluss auf die Libido der Frauen, um das Verständnis von Recht und Unrecht in verschiedenen Kulturen und die Missverständnisse in Sachen erotischer Neigungen. Außerdem geht es bei all den sexuellen Handlungen um Lust, vor allen Dingen die Lust der Frau! Hier wird niemand zu irgend etwas gezwungen!
Auch geht es um gleichgeschlechtliche Liebe und den Zweifel daran, warum dies verboten ist, wenn es den Beteiligten Spass macht und Gott demjenigen diese Neigung doch gegeben hat! 😉
Ich mußte oft schmunzeln, wenn Gottes Existenz an wirklich treffenden Beispielen in Zweifel gezogen wird oder die Zwangsverheiratung junger Frauen in dieser Zeit mit interessanten Argumenten angeprangert wird.
Dass dieses Werk damals verboten wurde, liegt meiner Meinung nach nicht nur an den perversen Texten sondern größtenteils an der Gesellschaftskritik darin.
Das Werk besteht aus 3 Teilen, wobei Teil 1 die „perversen“ Spiele mehrerer Beteiligter in deren Worten beschreibt. Teil 2 handelt von einem Flugblatt der französischen Revolution und dem Aufruf an das Volk, sich gegen die Unterdrückung der Neigungen, gegen Bevormundung und gegen unsinnige Gesetze aufzulehnen. Wobei die Auffassung von Sinn und Unsinn der Gesetze natürlich der persönlichen Meinung des Schreibers entsprechen.
Teil 3 ist dann ein gesellschaftskritischer Text, der mir nicht so zugesagt hat.
Bis auf den dritten Teil hat mir das Werk sehr gut gefallen. Es ist sicher nichts für empfindliche Seelen, auch ist es weniger für Menschen geeignet, die ein pornographisches Werk erwarten. Es ist ein Werk mit sehr viel Text zwischen den Zeilen.
4 Sterne
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