Ein kleines Dorf am Rande der Stadt, eine Idylle für gestresste Städter, die für ihre Kinder nur das Beste in ruhiger Umgebung möchten… und ein neues Geschäft, dass die Frauen und Kinder wie Honig die Bienen anzieht…
Der Honigmann
von
Peter Huth
256 Seiten
Klappentext:
Für Fine und Tim ist das malerische Fischbach vor den Toren der Großstadt das Familienparadies, von dem sie geträumt haben. Unter den anderen Eigenheimbesitzern finden sie schnell Freunde für sich und ihre Tochter. Als ein älterer Herr einen kleinen Laden für Honig, Tee und Deko eröffnet, scheint er das letzte Mosaiksteinchen im Idyll zu sein: Immer hat er ein offenes Ohr für die Mütter und einen Kakao für die Kinder.
Jeder in Fischbach liebt den Honigmann – bis ein schockierendes Gerücht über seine Vergangenheit die Runde macht. Plötzlich steht alles, das so sicher schien, zur Disposition: Freundschaften, Beziehungen, Wohlstand. Wie weit wird Fine gehen, um ihre Vorortidylle zu beschützen?
Rezension / Meine Meinung:
Die Geschichte beginnt mit dem „Honigmann“, der im beschaulichen Fischbach ein neues Geschäft eröffnet. Es ist gemütlich, sauber, ein wenig geheimnisvoll… und voller Dinge, die Frauen nicht brauchen aber möchten: Duftöle, Lampen, Figürchen, Honig und mehr. All der kleine Schnickschnack, den man halt „braucht“, wenn man immer mal wieder irgendwo eingeladen wird und kleine Geschenke benötigt. Oder einfach nur, weil man hier die Nachbarin und Freundin zum Schnacken trifft….
Alle lieben das Geschäft, direkt neben der Schule. Die Kinder gehen ein und aus… bis ein Brief die Idylle zerstört. Jemand hat herausgefunden, dass der Honigmann ein verurteilter Pädophiler ist! Die Wogen schlagen schnell hoch, die Gerüchteküche brodelt. Was tut man als Eltern, als MUTTER, wenn solch eine Bedrohung in unmittelbarer Nähe zu den eigenen Kindern auftaucht?
Die Geschichte ist recht „leicht“ erzählt. Es gibt Kapitel, die wie eine Aussage bei der Polizei wirken, im NACHHER erzählt und Kapitel in der Handlung selbst. Dabei lässt sich schnell erahnen, dass die Situation eskaliert ist, etwas Schreckliches passiert ist…
Sehr gut lässt sich nachvollziehen, in welch einen Zwiespalt man gerät, wenn man im Überschwang der Wut und Hilflosigkeit nach Zuspruch ruft… und die Emotionen überkochen. Wie reagiert man richtig? Abwarten, ruhig bleiben, beobachten? Auf die Straße gehen, für seine Sicherheit kämpfen und laut sein? Auch auf die Gefahr hin, dass man selbst zum Täter wird?
Ein sehr ernstes Thema, leise erzählt… es geht ans Gewissen, an die Menschenwürde und zeigt auf, wie schnell die Emotionen zwar hoch kochen, wie wenig Verantwortung wir aber im Nachhinein für unsere Worte und Taten übernehmen wollen. Schnell wird dann mit dem Finger auf andere gezeigt.
Sehr beängstigend auch die Sicht der Eltern und Lehrer, die sich einreden, WENN mit einem Kind „etwas Schlimmes“ passiert, dann merken wir das doch! Und wenn sich ein Kind auffällig verhält aber NICHT redet, reden sich alle ein, dass es wohl nur das Alter wäre… Pubertät oder so.. bestimmt… mein Kind redet doch offen mit mir… ganz sicher war da nichts! Den Stempel des geschändeten Kindes möchte sich niemand aufdrücken lassen.. „Zum Wohle des Kindes. Einfach vergessen, wenn da was war!“
Ich war am Ende echt schockiert, wie die Situation im Dorf eskalierte und welche Schlüsse gezogen werden… und wie die Schuld hin und her geschoben wurde. Aus einem friedlichen Dorf wird ein wütender Mob wird ein brodelnder Hexenkessel wird ein beschämtes Fingerzeigen auf andere..
Ein sehr, sehr ernstes Thema mit erschreckendem Ende…
Sehr real, sehr glaubhaft, sehr gut und einfühlsam geschrieben. Leise Gesellschaftskritik.
5 Sterne
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